Was Tini und ich euch vor einigen Jahren in einem DIY Lipbalm Tutorial Video zeigten, durfte ich kürzlich in großer Dimension einmal live erleben: im Headquarter und der Produktionsstätte von BURT’s BEEs in Durham, North Carolina.
Man sagte mir, was “der Labello” für uns Deutsche sei, würde “der Burt’s Bees Lipbalm” für die US-Amerikaner sein. Die Marke ist allgegenwärtig, wenn man durch Drogeriemärkte der USA schlendert. Anders als hierzulande, wo sie noch einen Hauch Exotik und einen Touch Öko mit sich bringt. Beides ist zugegeben auch nicht ganz falsch…
Die Formulierung des Lippenpflegeklassikers liest sich tatsächlich wie DIY-Rezept, weil es ausschließlich aus natürlichen und leicht zugänglichen Rohstoffen besteht. Die Basis stellt Bienenwachs dar – wie könnte es bei Burt anders sein? Besonders spannend war es aber zu sehen, dass es auch in den riesigen Produktionskanistern eigentlich nicht anders hergestellt wird, als in unserem Becherglas auf dem Herd.
Gerade deshalb habe ich mir auch nie wieder die Mühe gemacht. Es ist sicherlich ein schönes Geschenk, für den Eigengebrauch sind die selbstgemachten Versionen einfach viel zu aufwändig, nicht wirklich günstiger und vor allem nicht besser. Was uns nämlich fehlt, ist das KnowHow und die Ressourcen, um zum Beispiel einen optimalen Schmelzpunkt einzustellen, dass die Textur zwar auf den Lippen schmilzt, in der Tasche im Sommer jedoch nicht.
Zusammen mit Redakteurinnen aus aller Welt konnte ich nicht nur den einzelnen Produktionsschritten der Sorte “Mango” folgen, sondern auch beobachten, wie andere Tuben und Tiegel befüllt werden. Die große Halle im “Research Triangle” bietet Platz für die Herstellung der verschiedenen Pflegelinien. Im Fokus der Pressereise stand dabei die neue “Intense Hydration” Gesichtspflege. Obwohl das BURT’s BEES Sortiment in Deutschland noch nicht so groß ist wie in den USA, wächst die Auswahl zunehmend.
BURT’s BEES ist nicht zu 100% Naturkosmetik
Was zunächst für einige wie ein No-Go klingen mag, finde ich unheimlich sympathisch. Celeste Lutrario, VP sowie Research & Development Chefin von Burt’s Bees, erklärte im Gespräch, dass man zwar versuche natürliche Lösungen zu finden, so lange es den Ansprüchen genügenden Konservierungsmittel in Naturkosmetikqualität geben würde, verzichte man auf die Zertifizierung zu Gunsten einer sicheren Formulierung.
Während man sich an Themen wie Konservierung sowie effektiven und im Auftrag angenehmeren Sonnenschutz sich leider noch die Zähne ausbeißt, gelingen immer wieder Erfolge bei Wirkstoffen und Texturen, die Resultate zu synthetischen Äquivalenten bieten, wie zum Beispiel Silikon. Das Ziel ist alle Produkte zu 100% natürlich zu formulieren. Im Schnitt ist man immerhin schon bei 99%.
Im stylishen Headquarter im Zentrum Durhams legt die “Experimentierküche” von BURT’s BEEs direkt neben dem Großraumbüro, wo wir mit dem Team bunte Lippenpflegestifte mixen duften. In so einem gemütlichen Labor würde vermutlich jeder Chemiker gern Arbeiten.
Wenn es nach BURT’s BEES Marketing & PR ginge, hätte ich an der Stelle vermutlich etwas mehr über die Intense Hydration Reihe erzählen sollen. Wie viele von euch bin ich aber derzeit völlig “chemifiziert” (dank Agata) und im Rausch der chemischen Peelings und fossilen Okklusiva. Umso faszinierender finde ich, dass Celeste Lutrario den Boom von AHAs in der Hautpflege in den 90ern bei AVON miterlebte und der Philosophie des “Hervorholens der Schönheit hinter Schüppchen” den Rücken kehrte, um die Gesundheit der Haut in natürlichen Formulierungen zu suchen. Die Schichten, die wir abtragen, dienen letztendlich auch dem Schutz unserer Haut.
Meine Frage, warum das verstärkte Peelen problematisch sei, beantwortete Celeste damit, dass obwohl unsere Haut zwar nie aufhöre diese Zellen nach zu produzieren, die Wahrscheinlichkeit, dass sich “Fehler” einschleichen umso höher sei. Ich interpretiere es so, dass ein beschleunigter Hauterneuerungszyklus nicht die beste Haut hervorbringt, die möglich wäre.
Welche Ideologie für einen richtig ist, muss man individuell herausfinden
Der Besuch in Durham konnte mich für den Augenblick nicht wieder für die natürlich Pflege per se begeistern, erweiterte definitiv meinen Horizont und die Sympathie für jene, die sich bewusst gegen konventionelle Kosmetik entscheiden. Naturkosmetik – mit oder ohne Zertifikat – bedeutet eben nicht nur Küchenkosmetik und Jahrhunderte alte Rezepte, sondern auch moderne Forschung und Produktion. Und da Natürlichkeit und Nachhaltigkeit auch Trend ist, können sich große Marken erlauben eifrig nach neuen Wirkstoffen und Rezepturen zu forschen. Wer weiß, was man dabei noch so entdecken wird…
Ein Interview mit Celeste Lutrario findet ihr auf jolie.de »
Edit: Burt Shavitz, Mitbegründer von BURT’s BEES, ist vor einer Woche verstorben. R.I.P.
Über das Gesicht hinter der Marke und ihre Entstehung gibt es eine Dokumentation: BURT’s BUZZ
Spannend! Burt ist ja vor ein paar Tagen gestorben 🙁
Echt? Oh je, das habe ich gar nicht mitbekommen. 🙁
Schaust du: https://www.facebook.com/BurtsBeesDeutschland/photos/a.229026700469370.55404.189337047771669/908786189160081/?type=1
Hab’s schon gefunden
“Die Schichten, die wir abtragen, dienen letztendlich auch dem Schutz unserer Haut.”
Genau das ist es, warum ich nicht chemisch peelen möchte! Ich möchte meine Haut einfach nicht dünner und noch empfindlicher machen. Das muss natürlich jeder selbst entscheiden und man kann ja auch ausprobieren, ob es zu einem passt. Ich habe chemischen Peeling schon vor dem Hype genutzt, in meiner Teeniezeit vom Hautarzt verschrieben. Meine Akne wurde besser, aber meine Haut war stark gerötet, gereizt und einfach super empfindlich. Kommt heute für mich daher nicht mehr in Frage. Leider ist es dank dem aktuellen Trend so, dass einem ja schon fast selbst die Schuld an Unreinheiten oder Fältchen gegeben wird, wenn man nicht täglich chemisch peelt. Finde es daher wichtig aufzuzeigen, dass es nicht das Allheilmittel und die einzige Option ist.
Das Motto von Burt’s Bees gefällt mir, möglichst viel Natur, aber nicht um jeden Preis. Wie sieht es denn bei den Produkten mit reizenden Duftstoffen aus? Die meiste Naturkosmetik kann ich deshalb nicht nutzen, aber vielleicht macht es Burt’s Bees ja besser?
Danke für den Bericht und die spannenden Einblicke!
Ja, ich verstehe, was Du meinst. Derzeit ist es tatsächlich wieder ein großer Hype und manche Kommentare sind dann einfach etwas unreflektiert. Obwohl man sich viel Wissen aneignen kann, wird es uns immer an der Erfahrung von Experten fehlen. Es ist einfach nicht pauschalisierbar. Ich bin mir sicher, dass viele Erfolge erzielen mit chemischen Peelings und ich merke den Unterschied ohne BHA auch. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass es nicht bei jedem klappt. Uns so lange man ohne auch zufrieden ist, finde ich nicht, dass man alles durchprobieren muss.
Duftstoffe ist leider nicht so optimal. Ich habe es im Interview angesprochen und sie war sehr offen für die Kritik. Die Sachen sind schon extrem parfümiert und wenn ich mich recht erinnere (ohne in meine Schublade zu griefen) eben auch als irritierend bekannte. Aber am besten einfach mal nachschlagen. Wie das bei der SENSITIVE Reihe ist, habe ich nicht genau in Erinnerung.