Nur Geduld: diese Wirkstoffe brauchen lange, um zu wirken

Vertrauen, Hoffnung und Erwartungen | DIRTY BEAUTY TALK #47

Ist mein Serum wirkungslos oder bin ich nur blind?

Gerade bei „sagenumwobenen“ oder wissenschaftlich eigentlich als wirksam nachgewiesene Inhaltsstoffen, die jeder lobt, kann man auch schnell enttäuscht werden.

In unserem Dirty Beauty Talk #47 » sprechen wir über kosmetische Wirkstoffe, die bestenfalls Geduld erfordern, „schlimmstenfalls“ reine Vertrauenssache sind und über Erwartungen hinsichtlich der Effekte.

Der Haken an Prävention: im Zweifelsfall wird man nie wissen, ob sich all der Aufwand und das Geld gelohnt hat. Reue etwas unterlassen zu haben, nagt meist jedoch mehr als Misserfolge. Mit diesen rechnen wir aber bei diesen bewährten Inhaltsstoffen jedoch nicht.


Paradebeispiel für Kategorie die „Vertrauensvorschuss“:

Explizit sogar: UVA-Schutz. Sich mit hohem SPF vor starker Sonnenstrahlung und UVB-bedingtem Sonnenbrand zu schützen, ist für die meisten eine logische Maßnahme im Sommer. Etwas gegen Bräune zu unternehmen, indem man auch die längerwelligen UVA-Strahlen bei der Wahl der Sonnencreme berücksichtigt, ist für viele eher kontra-intuitiv. Eine gleichmäßige Bräune im Sommer ist nach wie vor oft begehrt, hat aber entsprechend eine unerwünschte Kehrseite: Pigmentflecken, Falten, stumpfe Haut.

Doch selbst wenn man ab sofort darauf achtet, das ganze Jahr über Sonnenschutz zu verwenden und dass ein Breitbandschutz mindestens mit einem UVA-Logo besiegelt wird, kann man je nach Haut nur hoffen. Wer bereits Pigmentflecken hat, wird aber bei konsequenter Anwendung durchaus Verbesserung sehen können.


Die Stärke von Retinol und anderen Vitamin-A-Derivaten liegt definitiv in langfristigen Resultaten, die dafür aber auch über lange Zeit entstandene Schäden an der Haut bis zu einem gewissen Grad „rückgängig“ machen können. Präziser gesagt stimulieren Retinoide die Haut sich selbst zu helfen.

Potenzial

  • Wochen: softere Hauttextur und natürlich Glow
  • Wochen: weniger Pickel
  • Monate: ebenmäßigere Hautfarbe
  • Monate: geringere Faltentiefe

INCI

  • Retinol (gering dosiert anfangen)
  • Retinal (nicht für anfänger)
  • Tretinoin / Retinoic Acid (verschreibungspflichtig, Akne)

Derivate mit z.B. „Retinyl…“ im Namen kann man leider nicht mit reversiven Effekten rechnen. Sie können aber einen Beitrag zur Prävention leisten.

Das Ausmaß des sichtbaren Erfolgs ist von der Art des Retinoids, seiner Konzentration und Art der Anwendung abhängig. Wer hohe Ziele steckt, wird mit Derivaten nicht weit kommen.

Retinol richtig dosieren und anwenden »


Reine Ascorbinsäure hat im Gegensatz zu häufig eingesetzten, zugegeben verträglicheren Derivaten vielseitiges Effektpotenzial. Man verbindet damit häufig sofortigen Glow und langfristig eingesetzt einen gleichmäßigeren Teint mit weniger Pigmentflecken. Vitamin C kann aber ebenfalls die Kollagenproduktion anregen und somit für länger straffere Haut sorgen.

Potenzial

  • Sofort: Glow
  • Monate: weniger Pigmentierung
  • Monate: straffere Haut
  • Booster: antioxidativ

INCI

  • (L-) Ascorbic Acid
  • 3-O-Ethyl Ascorbic Acid
    (auch ohne Umwandlung antioxidativ)
  • Ascorbyl Glucoside
    (sehr klebrig)
  • Sodium Ascorbyl Phosphate
    (bei Pickeln unterstützend)

Weitere Derivate mit z.B. „Ascorbyl…“ im Namen können antioxidativ wirken und zu Soforteffekten beitragen, bieten jedoch keinen tiefergreifenden Anti-Aging-Effekt. Die Problematik bei Derivaten ist zudem, dass nicht eindeutig gesagt werden kann, wie und ob die individuelle Haut es überhaupt umwandeln kann oder es einfach nur inaktiv aufliegt.

Kollagen und Elastin: Schutz und Neubildung »

Voraussetzung für Erfolge bei jedem Wirkstoff: an Prävention festhalten. Ansonsten ist es ein Kampf gegen Windmühlen. Wer Wirkstoffe zwecks "Slow Aging" einsetzt, sollte ganzjährig Sonnenschutz tragen.

Wer „Vitamin C“ sagt, muss auch „antioxidativ“ sagen. Hier verhält es sich ähnlich wie beim Sonnenschutz: blankes Vertrauen ist gefragt. Purer Schutz, den man auch in der Ernährung beachten sollte. Die kleinen „Märtyrer“ werfen sich an unserer Zellen statt freien Radikalen als Opfer vor die Füße und neutralisieren ihre kumulativ schädigende Wirkung.

Von „AOX“ allein sollte man keine sichtbaren Effekte erwarten. In Kombination mit anderen Wirkstoffen können sie jedoch ihre Wirkung boosten, weil sie ihren Zerfall verlangsamen. So können Vitamine und auch Sonnenschutz länger ihren Job auf und in unserer Haut verrichten.

Potenzial

  • Tage: verstärkt das Potenzial vieler anderer Wirkstoffe
  • Wochen: Unterstützend bei Pickeln, Rötungen, Hauttextur.
  • Jahrzehne: rückblickend zum Schutz beigetragen

Inhaltsstoffe

  • Vitamine
    • isoliert wie Ascorbic Acid, Tocopherol, Resveratrol
    • Extrakte, z.B. Camellia Sinensis (Grüntee-) Leaf Extract
    • pflanzliche Öle, z.B. Raspberry Seed Oil
WICHTIG: nur weil vitaminreiche Inhaltsstoffe enthalten sind, heißt es nicht, dass sie noch eine antioxidative Wirkung aufweisen. Immerhin reagieren auch auf Transportwegen, bei Lagerung, Verarbeitung und im Badezimmerschrank. Pflanliche Bestandteile haben per se nur einen Anteil an AOX. Bis zur Produktion verlieren sie bereits an Potenzial. Bei isolierten Bestandteilen hat man mehr Gewissheit und verpackt bestenfalls so, dass auch bis zur Anwendung alles stabil verbleibt.

Das Fundament oder vielmehr ein solides Mauerwerk einer gesunden Haut ist eine stabile Hautbarriere. Ceramide sind Lipide (Fette), die auch in unserer Haut vorkommen und den Feuchtigkeitsverlust reduzieren. Ist die Haut geschädigt, bringen auch die potentesten Anti-Aging-Wirkstoffe wenig – sind gar kontraproduktiv, weil viele von ihnen auch irritierend und eine zusätzliche Herausforderung darstellen können. Erst wenn alles mitunter mit Ceramiden gekittet ist, sollte man mit dem Aufräumen anfangen.

Potenzial

  • Sofort: gepflegte Haut
  • Tage: beruhigte, weniger gerötete Haut, ggf. weniger Schuppungen und Juckreiz
  • Wochen: robustere Haut, die Irritationen besser wegstecken kann

INCI

  • Ceramide AH
  • Ceramide AP
  • Ceramide AS
  • Ceramide EOH
  • Ceramide EOS
  • Ceramide NH
  • Ceramide NP
  • Ceramide NS

Marek über die barrierefördernde Eigenschaft von Ceramiden »


Es handelt sich bei Peptiden um Eiweisbausteine, die aus vielen, unterschiedlich kombinierten Aminosäuren bestehen. Entsprechend viele unterschiedliche Peptide kann es geben und leider sind nicht alle wirksam. Nicht jedes Produkt mit Peptiden bedeutet einen Anti-Aging-Effekt.

Nutzt man jedoch ein nachweislich wirksames Peptid wie Matrixyl 3000, kann man sich über Wirkung ohne Nebenwirkung freuen: Peptide irritieren nämlich nicht und sind daher bestens für sensible Haut geeignet. Nachteil: der sichtbare Effekt ist eher zurückhaltend und je nach Haut vielleicht nur präventiv. Man kann es aber wunderbar mit anderen Wirkstoffen kombinieren und so Synergieeffekte schaffen.

Über Matrixyl 3000 Peptid in Foundation »
Kupferpeptide: Vertrauenssache »

Potenzial

  • Tage: Feuchtigkeitsversorgung
  • Monate: stimulierte Hautregeneration

INCI

  • Palmitoyl Oligopeptide + Palmitoyl Tetrapeptide-7 (= Matrixyl 3000)
  • Palmitoyl Pentapeptide-4
  • Copper Tripeptide-1

Der peelende Wirkstoff ist eher bei Akne spannend als zum Thema Anti-Aging. Denn in höheren Konzentrationen sorgt es langfristig angewendet für reinere Poren, weniger Entzündungen und vor allem weniger rötliche Pickelmale.

Potenzial

  • Stunden: beruhigte Haut
  • Tage: weniger Rötungen (Pickel, Rosacea)
  • Wochen: weniger Pickel durch Peeling-Effekt

INCI

  • Azelaic Acid
    • bis 10% beruhigend
    • ab 15% peelend
  • Potassium Azeloyl Glycinate (PAD)
    ist ein Derivat und wirkt daher wie schwach dosierte Azelainsäure – eine nennenswerte Anti-Pickel-Wirkung sollte man nicht erwarten

Azelainsäure gegen Pickelmale »


PHAs, also Polyhydroxy Acids, sind mit den AHAs (Alpha-hydroxy Acids) verwand und gelten als milde Alternative. Sie irriteren die Haut nicht so stark – keine Schuppungen hier – wirken dafür entsprechend langsamer. Keine sofort glatte Haut, dafür langfristig jedoch eine kollagenanregende Wirkung.

Potenzial

  • Tage: weniger raue Haut
  • Wochen: ebenmäßigere Hauttextur
  • Monate: mehr Spannkraft

INCI

  • Gluconolactone
  • Lactobionic Acid
  • Maltobionic Acid
  • ab 2% peelend,
    darunter "nur" feuchtigkeitsspended

AHA, BHA, PHA, LHA – Peeling-Säuren-Übersicht »


Und Hyperpigmentierung?

Wirkstoffe gegen Altersflecken haben wir in unserem Talk ausgelassen. Darüber kann man nämlich mindestens genau so lange reden – oder schreiben. Haben wir nämlich schon:

Hyperpigmentierung: was hilft gegen Pigmentflecken »

Fazit

Natürlich gilt auch der umgekehrte Fall: keine Erfolge » keine Wirkung. Es gibt sehr viele Inhaltsstoffe auf dem Markt, die vergleichbare Effekte wie die vorangenannten versprechen, ein Ausbleiben von sichtbaren Veränderungen auch tatsächlich genau das ist: nix. Die Gründe sind vielfältig.

Wie bei den Antioxidantien erwähnt ist ein Inhaltsstoff auch nur so gut wie der Umgang mit dem Rohstoff. Auch faule Eier im Kuchen sind Eier.

Bei sensiblen Ingredenzien sollte man daher überlegen, ob beispielsweise die günstigen Produkte über eBay aus Korea eingeflogen die Preisersparnis wert sind oder der schöne Tiegel das richtige Behältnis für empfindliche Wirkstoffe ist.

Und natürlich gibt es einfach die Produkte, deren Wirksamkeit reiner Marketing-Natur sind: heiße Luft, leere Versprechen. Das ist möglich. Wir empfehlen daher sich auf diese Potenten Wirkstoffe statt auf spannende Geschichten rundum seltene Pflanzenteile zu verlassen.

2 Kommentare
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  1. Guten Morgen, Ihr Zwei,
    vielen Dank für den tollen Überblick! Könnt Ihr auch etwas über die Wirkung von Niacinamid sagen? Und ist es generell eine gute Idee, Seren mit einem Dermaroller in die Haut „einzuneedeln“?
    LG
    Nina

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