Das Fundament einer gesunden Skincare Routine

Wirkstoffe spielen die zweite Geige

Eine starke Hautbarriere und effiziente Wirkstoffe sind gut und schön. Das Fundament einer Skincare-Routine sollte jedoch bestenfalls die Vermeidung von Irritationen sein.

Wer sensible Haut hat, die zeitnah und bestimmbar auf ein Produkt reagiert, hat den Dreh vermutlich schon raus: in Zukunft die Ursache meiden statt sie weiterhin zu verwenden. Wenn man die Quelle des Übels identifizieren kann, ist es nur ganz natürlich es so herum zu machen, statt nur die Konsequenzen mit anderen Mittelchen bekämpfen zu wollen. Fairerweise: manchmal ist es nicht eindeutig und die Suche danach kann ein wenig Detektivarbeit erfordern.

Bei langwierigen Hautproblemen fällt es einem oftmals deutlich schwerer diese so naheliegende Strategie zu fahren. Fangen wir gar nicht erst mit Prävention an! Das wird einem spätestens deutlich, wenn man Sonnenschutz erwähnt: Sonnenbrand als kurzfristige und schmerzhafte Konsequenz ist das einzige, was viele zur regelmäßigen und sorgsamen Anwendung verführen kann.

Konsequenzen von Irritationen

Während eine Rötung, vielleicht auch ein Pickel recht schnell als das Ergebnis eines Reizes identifiziert wird, gibt es viel weittragendere Konsequenzen, die man nicht so schnell hinter dem Begriff vermutet.

  • Sensibilisierung: empfindliche, brennende, bitzelnde Haut
  • Schuppung bis Verhornung
  • Akne: Mitesser, Unterlagerungen, Pickelchen, Pusteln und Papeln
  • Rötungen: gerötete Stellen, post-inflammatorische Erythreme (PIE, Pickelmale), Couperose, Rosacea
  • Hyperpigmentierung: post-inflammatorische (PIH, z.B. Pickelmale), Altersflecken
  • vorzeitige Hautalterung: Abbau von Kollagen & Hyaluronsäure
  • Dermatitis

So funktioniert Irritation

So unterschiedlich die Symptome der Irritation sind von Rötungen, rauer Haut, über Pickelchen bis hin zu verstärkter Durchblutung oder Hautschüppchen, so unterschiedlich laufen auch die Irritationen ab – es gibt nicht den einen Ablauf einer Irritation und viele davon sind nicht sichtbar (weil z.B. nur der Feuchtigkeitsverlust steigt)

Irritation ist immer eine Abweichung vom eigentlichen Plan.

Was alle Irritationen jedoch gemeinsam haben:der normale Ablauf in der Haut wird gestört, weil Entzündungsmediatoren oder Enzyme auf Reize reagieren. Was danach passiert ist so unterschiedlich wie die irritierenden Auslöser selbst.

Beispiel: Pickel

Nehmen wir uns den Pickel als Beispielsymptom: Klassischer Weise wird in entzündliche (Papeln, Pusteln, Zysten) und nicht-entzündliche Formen (Mitesser) unterteilt. Die Annahme war, das Bakterium P. Acnes (umbenannt in C. Acnes) löse überhaupt erst die Entzündungen aus. Dabei spielen Irritationen viel früher schon eine Rolle.

Das Sebum wird nämlich durch Irritationen schneller oxidiert, wodurch der Sauerstoffgehalt der Haut sinkt und die Bakterien sich vermehren können.

Im zweiten Schritt lösen die vermehrten Bakterien dann Irritationen aus, weil durch das Übermaß die Zellwände angegriffen werden, das Immunsystem angesprochen wird und Infektionen entstehen. Das alles beginnt aber schon durch Irritationen, die die Pickelentstehung überhaupt erst begünstigen.

So sind Entzündungen schon zu Beginn der Pickelentstehung (Mikrokomedone) messbar durch Neuropeptide und Entzündungsfördernde Enzyme. Zusätzlich wirken Entzüngshemmer wie Dapsone gegen Mitesser, welche als nicht-entzündliche Pickelform / „Unreinheit“ bezeichnet werden.

Das zeigt: Irritation unterstützt Pickel – entzündungshemmende Hautpflege verbessert Pickel.

Häufige Irritanzien

Nicht jede Irritation ist sichtbar oder spürbar, der Schaden nicht sofort da. Ganz nach dem Motto: „Steter Tropfen höhlt den Stein“ trägt jeder Reiz ein bisschen etwas bei.

KategorieTriggerbesser
Entfettung & Austrocknung» zu heißes Wasser: löst Hautfette
» Wasser allgemein: lässt Haut aufquellen
» leichte Alkohole (Alcohol denat. / Ethanol / SD Alcohol etc.)
» Tenside
» Kälte im Winter
» trockene Haut ohne Pflege
+ kühles bis lauwarmes Wasser (Gesicht & Körper)
+ abtrocknen oder Feuchtigkeit einschließen
+ Haut passend zur Haut eincremen
Penetration» kleines Molekül
» hoher Anteil Lösungsmittel (Alcohol, Glycole)
» Okklusion
Diese Irritation ist Teil der Wirksamkeit von effektiven Inhaltsstoffen.

Zusatzstoffe penetrieren stärker (Duft-, Konservierungsstoffe)
Säuren» geringer pH-Wert
» beispielsweise Vitamin C, chemische Peelings
» in hohen Konzentrationen
+ an individuelle Balance aus Verträglichkeit und Wirkung herantasten
Basen» Seife
» Tenside, insbesondere ohne hautfreundlich eingestellten pH-Wert
» Rasierschaum/-gel/-creme
» Haarentfernungscreme
+ auf milde Tenside setzen
Duftstoffe» deklarationspflichtige Duftstoffe
» Parfum (Fragrance)
» ätherische Öle
» Extrakte – siehe Talk zur Länge der INCI-Liste und „getarnte“ Duftstoffe »
+ Duftstoffe meiden, auch wenn keine Unverträglichkeit offensichtlich
+ auf versteckte Duftstoffe achten
Reinung & Quetschung» schnelle Reibung durch mechanische Peelings, Reinigungsbürsten (v.a. rotierende), grobe Handtücher
» Rasur / Dermaplanning
» Kratzen mit Fingernägeln oder Tools
» Makeup-Pinsel – dicht und starr gebundene Quasten, minderwertige Borsten
» Peel-off-Masken & Nose Strips
» Ausdrücken von Pickeln und Mitessern
+ tupfen statt reiben
+ chemische statt mechanischen Peelings verwenden
+ Klingen regelmäßig auswechseln
+ Pinsel mit abgeschrängter „Frisur“ und feinen Borsten verwenden
Freie Radikale» Zigarettenrauch
» Zucker (Ernährung » hohe glykämische Last durch viel Insulin)
» UV-Strahlung
» Hitze
» ranzige Öle
» u.a. aber auch ³
, DHA-Selbstbräuner, alte Produkte
+ so viele Antioxidantien integrieren, wie möglich (Kosmetik & Ernährung)
+ täglich Sonnenschutz verwenden »

TIPP: Irritationen effektiven Wirkstoffen statt Wellness vorbehalten.

Verstärkte Irritation

Als sei die Masse an potenziellen Reizen nicht schon genug und würden sich akkumulieren: Irritationen können sich auch potenzieren. Während unsere Haut also einzelne Reize durchaus wegstecken kann, kombiniert man sie, ist die Irritation schnell um ein mehrfaches so stark, als würde man sie einzeln verwenden. Besonders im Auge zu behalten gilt es:

  • sehr warmes Wasser + aggressive Tenside und/oder mechanisches Peeling
  • mehrere potente Wirkstoffe zeitgleich
  • Wirkstoffe und Irritanzien unter einer okklisiven Schicht (unter Cremes, aber auch Kopfkissen)
  • irritierende Stoffe auf feuchter Haut auftragen (erhöht Penetration, aber auch Irritation)
  • nach der Pflegeroutine kann die Haut auch noch beim Schminken durch Pinsel gereizt werden, siehe Instagram-Beitrag »

Irritationen lindern

Der effektivere Weg ist das Weglassen oder Mindern der genannten Irritanzien, durch die die Haut in ihrer Barriere gestört wird und sich im weiteren Verlauf schlechter gegen eben solche schützen kann. Was lässt sich aber aktiv gegen Irritationen unternehmen?

Hautbarriere aufbauen

Ausreichend Feuchtigkeit (Glycerin, Hyaluronsäure…) » optimiert Immunsystem und verbessert Feuchthaltevermögen der Haut

Ausreichend Lipide (Öle, Wachse, Ceramide…) » mindert Ausmaß der Irritationen und erschwert den Irritanzien das Eindringen

Schutz

Als Ergänzung zur Barriere ist Sonnenschutz besonders wichtig: UVA löst viele freie Radikale aus, die Hautstrukturen angreifen und somit anfälliger machen für Symptome der Irritationen.

Beruhigung

Für bereits vorhandene Irritationen zur Beruhigung oder zur Präventation, weil Irritationen dauerhaft in der Haut vorkommen. Ein paar wenige Stoffe sind offiziell von der FDA als aktiv-schützend gelistet:

  • Allantoin: 0.5 – 2%
  • Colloidal Oatmeal ab 0.007%
  • Glycerin: 20 – 45%
  • Dimethicone: 1 – 30%
  • Zinc Oxide: 1 – 25%
  • Zinc Acetate 0.2 – 2%
  • Petrolatum ab 30% (Vaseline!)
  • Mineral Oil / Paraffinum Liquidum ab 50%
  • Kaolin 4 – 20%
  • Cocoa Butter ab 50%

weitere entzündungshemmende Stoffe

  • Panthenol
  • Beta Glucan
  • Green Tea Extract (Epigallocatechine Gallate)
  • Cannabidiol
  • Bisabolol
  • Dipotassium Glycyrrhizate

Fazit

Die Reizung der Haut ist unumgänglich. Es gibt Faktoren, die kann man nicht ausmerzen und das ist auch absolut okay. Panik vor irritierenden Kosmetikprodukten ist ebenso kontraproduktiv. Die Stresshormone extra braucht keiner, denn sie schaden mehr als nur der Haut.

Schaut man sich schließlich Menschen an, die keinen der Reize meiden, sieht man, dass der „worst case“ halb so wild ist. Wird die Haut täglich mit SPF geschützt und vermeidet die größten Trigger, ist alles andere passioniertes Fine-Tuning – insbesondere bei einer Haut, der man Irritationen nicht direkt ansieht.

Das Fundament jeder Hautpflegeroutine sollte ein sanfter Umgang mit wenig mechanischen Reizen sein. Die weiteren Schritte besprechen wir in den nächsten drei Wochen im September!

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Ein Kommentar
  1. Danke für den aufschlussreichen Bericht. LG Romy

Kommentare

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