Festes Shampoo und Haarseife

Alternative zu flüssigen Shampoos?

Flüssiges Shampoo hat in jüngster Zeit Konkurrenz bekommen: neben gesiedeten Naturseifen für das Haar gibt es nun auch feste Shampoo Bars an jeder Ecke.

Der Unterschied zwischen festem Shampoo und Haarseife liegt in den Tensiden, dem Herstellungsverfahren und den daraus resultierenden Eigenschaften. In unserem Dirty Beauty Talk spechen wir über Vor- und Nachteile, zeigen einige Produkte und haben dieses mal das erste mal einen erfahrenen Gast!

Was ist festes Shampoo?

Bei festen Shampoos handelt es sich um Syndets (von „synthetic detegent“), also seifenfreien Waschstücken, wie man sie aus der Drogerie aus der „Med“-Abteilung kennt oder von Marken wie Dove, SebaMed oder Nivea schon über Jahrzehnte als Alternative für Seife kaufen kann. Hierfür werden Tenside, also waschaktive, reinigende Substanzen, wie man sie auch aus konventionellem Shampoo kennt, nach Bedarf mit anderen Inhaltsstoffen gemischt und in Form gebracht.

festes Shampoo Haarseife Drogerie Indie

Wie unterschiedet sich Haarseife?

Seife wird traditionell aus Lauge und Fett gewonnen. Früher nahm man dafür Schlachtabfälle und Asche, heute produzieren auch Hobby-Sieder Naturseifen aus unterschiedlichen Pflanzenölen mit Lauge, für die man Rohrreiniger ohne Zusätze verwenden kann. So viel zu „natürlich, sanft und chemiefrei“.

Wenn es ein Paradebeispiel für chemische Prozesse in der Kosmetik ist, dann ist es gewiss Seifenherstellung. Das ist per se nichts Schlimmes – aber eben auch nicht pauschal übelegen, besser oder verträglicher. Es kommt wie immer auf die Prioritäten an und natürlich, wie gut man etwas verträgt.

SyndetsSeife
+ benötigt keine Konservierungsstoffe+ benötigt keine Konservierungsstoffe
+ praktisch auf Reisen, v.a. im Handgepäck+ praktisch auf Reisen, v.a. im Handgepäck
+ Diverse Tenside mit unterschiedlicher Waschleisung und Irritationspotenzial möglich; viele milde Kombinationen verfügbar+ kann man selber machen bzw. man kann kleine Betriebe unterstützen
+ pH-Wert einstellbar+ Formen, Farben, Düfte – schönes Geschenk
+ traditionelle Syndets günstig sehr hoher pH-Wert
als festes Shampoo vermarktete recht teuer schmieriger Film am Porzellan – und auf dem Haar
es kursieren „schwarze Schafe“ mit konzentriertem SLS oder SLES, z.B. Lush oder daran inspirierte Bars bei Amazon relativ hochpreisig, insofern nicht „Arztseife“ & Co.

Reinigungsprodukte sind stets ein zweischneidiges Schwert: um zu reinigen, müssen sie Fette lösen können. Das ist super für Make-up im Gesicht, Styling-Rückstände im Haar, Schmutz und altes Sebum. Für das frische Sebum, das unsere (Kopf-)Haut geschmeidig hält und vor dem Austrocknen schützt, ist es wiederum nicht so klasse. Zudem greift Seife und auch irritierende Tenside wie SLS die Proteinstrukturen der Haut an.

pH-Wert von Waschstücken

Warum ein möglichst hautneutraler pH-Wert in Kosmetikprodukten wichtig ist und zum Thema Säureschutzmantel haben wir bereits einen Dirty Beauty Post. Auch in dem dazugehörigen Video haben wir Aleppo-Seife als Negativbeispiel für Produkte mit zu hohem pH-Wert gezeigt, obwohl sie durch ihre hohe Reifezeit nicht so basisch ist wie manch andere Produkte.

Wir haben beispielsweise hier den Schaum der getesteten Shampoo Bars gemessen. Das Ergebnis ist interessanterweise kategorisierbar.

Während Naturkosmetikmarken sich am pH-Wert von 8 bis 9 von gesiedeter Seife „orientieren“, sind die meisten Produkte großer Marken aus der Drogerie sowie der Indie Brands ziemlich genau auf die marktüblichen 5 bis 6 eingestellt. Einzig Nivea mit ihrem „pH-Balance“ setzen auf einen sauren pH-Wert. Grundsätzlich ist das willkommen, könnte aber die Waschleistung beeiflussen. Man sieht hier auch schön, dass die langjährige Reifezeit der Aleppo-Seife durchaus den pH-Wert senkt im Vergleich zur SAVION Naturseife.

festes Shampoo Bar pH-Wert sauer basisch alkalisch Säureschutzmantel schlecht für die Haut
pH-Werte von festem Shampoo gemessen am Schaum in der Hand

Hoher pH-Wert bei Haarprodukten

Zu den Nachteilen eines hohen pH-Werts für die Hautbarriere, gesellen sich bei Haaren weitere Risiken:

  • Haarbruch durch aufgeraute Schuppenschicht
  • schlechtere Kämmbarkeit und Knoten
  • Langlebigkeit von Haarfarbe
  • geringerer Glanz
  • Seifenrückstände, die dauerhaft das Haar quellen

Um diese Effekte zu minimieren, ist die Anwendung einer sauren Rinse (einige Liter Wasser mit einem Spritzer Essig über den Kopf kippen) oder einer „echten“ Spülung mit saurem pH-Wert ein Muss.

Tenside in festen Shampoos

Die waschaktiven Substanzen unterscheiden sich stark in ihrer Waschleistung, Schaumbildung zugleich dem Irritationspotenzial. Darüber hinaus ist auch entscheidend, in welcher Form der Rohstoff vorliegt und ob ein festes Waschstück daraus hergestellt werden kann.

Einfach ausschließlich die mildesten, hautfreundlichsten Tenside zu nehmen, kann einerseits technisch nicht möglich sein, andererseits für eine unbefriedigende Performance sorgen. Wenn man mehr Reiniger nehmen muss, um Fette und Schmutz zu lösen, ist das nicht länger mild und ressourcensparend.

Milde Tenside senken das Irritationspotenzial aggressiver Tenside. Wenn man nicht auf die Effektivität und den Schaum von beispielsweise SCS verzichten möchte oder kann, sucht bestenfalls nach Produkten, in denen es mit milden Tensiden kombiniert wird.

Zuckertenside

Decyl Glucoside und Coco Glucoside sind zwei Beispiele für Zuckertenside und für für ihre besonders milde Art zu reinigen bekannt. Sie bilden leicht Schaum aus, sind allerdings flüssig und damit sehr schwer stabil in festen Formen zu halten. Wenn sie eingesetzt werden in Shampoo-Bars, haben sich die Hersteller auf jeden Fall Mühe gegeben.

Sodium Coco Sulfate

Zugelassen in Naturkosmetik, wird das Tensid häufig auch in flüssigen Shampoos verwendet. Trotz des nett klingendem Namen besteht dieses Tensid aus:

  • 50% Sodium Lauryl Sulfate
  • 19% Sodium Myristyl Sulfate
  • 10% Sodium Cetyl Sulfate
  • 9% Sodium Stearyl Sulfate
  • 6% Sodium Caprylyl Sulfate
  • 6% Sodium Decyl Sulfate

Wie schon in unserem DirtyBeautyTalk zu kurzen Inhaltsstofflisten sehen wir hier wieder, dass sich mehrere Stoffe hinter einer Bezeichnung verstecken können.

Sodium Lauryl Sulfate

gilt als mitunter das aggressivste Tensid, das wir kennen. Es wird in der Industrie zur Positiv-Kontrolle bei Irritationsuntersuchung eingesetzt. Es bedeutet, um die Irritation anderer Inhaltsstoffe zu bemessen, vergleicht man es stets mit SLS, weil es immer reizend ist.

Die meisten Hersteller haben sich von diesem Tensid distanziert und setzen auf das weniger aggressive Sodium LaurETH Sulfate. Das ist zwar auch noch weit entfernt von „pflegend“, bildet aber ordentlich Schaum, den sich die Kunden wünschen.

LUSH Honey I washed my hair Shampoo Bar
© Lush

LUSH hält es für eine gute Idee nicht nur allein auf dieses Tensid zu setzen, sondern es auch unverdünnt als Konzentrat anzubieten. Die Abwertung der Öko Test auf „befriedigend“ erfolgte im Heft 10/2020 nicht etwa deswegen, sondern wegen des enthaltenen Lilials.

LUSH Honey, I washed my Hair Shampoo Bar

11,00€ für 55 Gramm – Inhaltsstoffe:

Sodium Lauryl Sulfate, Honeycomb (Honigwabe) Mel, Parfume, Citrus Sinensis Peel Oil Expressed, Citrus Aurantium Bergamia Fruit Oil, Aqua, Geraniol, Limonene, Linalool, Amyl Cinnamal, Citronellol.

Sodium Cocoyl Isethionate

SCI ist ein mildes, schnell in Wasser lösliches Tensid, bildet allein jedoch nicht das größte Schaumvolumen aus. Bei Produkten mit ausschließlich diesem Tensid könnte die geringe Schaumbildung dazu verleiten mehr Produkt zu verwenden, was wiederum kontraprodukt wäre. Als primäres Tenside aber sehr gut für feste Shampoos geeignet.

FOAMIE
Shake Your Coconuts für normales Haar

Sodium Cocoyl Isethionate, Hydrogenated Vegetable Oil, Aqua, Polyglyceryl-4 Laurate, Glycerin, Parfum, Guar Hydroxypropyltrimonium Chloride (siehe unten), Prunus Amygdalus Dulcis (Sweet Almond) Seedcake Extract, Mentha Arvensis (Mint) Herb Oil, Tetrasodium Glutamate Diacetate, Hydrolyzed Wheat Protein, Euterpe Oleracea (Acai) Fruit Extract, Limonene, Caprylyl Glycol, 1, 2-hexanediol, Alumina, Sodium Benzoate, Citric Acid, Potassium Sorbate, Ultramarines (CI 77007), Red 30 (CI 73360).

LAMAZUNA Festes Shampoo mit Weißtanne für normales Haar
LAMAZUNA
mit Weißtanne für normales Haar

Sodium Cocoyl Isethionate, Kaolinite, Stearic Acid, Cocos Nucifera Oil, Coconut Fatty Acid, Aqua, Montmorillonite, Decyl Glucoside, Lauryl Glucoside, Sodium Isethionate, Glycerin, Pinus Sylvestris Leaf Oil, Limonene.

Garnier Wahre Schätze Festes Shampoo Sanfte Hafermilch für empfindliches Haar
GARNIER
Wahre Schätze beruhigend

Sodium Cocoyl Isethionate, Hydrogenated Vegetable Oil, Sodium Coco-Sulfate, Aqua, Polyglyceryl-4 Laurate, Glycerin, Hydroxypropyl Guar Hydroxypropyltrimonium Chloride (siehe unten), Parfum, Caprylic/Capric Triglyceride, Avena Sativa (Oat) Kernel Oil, Oryza Sativa (Rice) Starch, Tetrasodium Glutamate Diacetate, Linalool, Coumarin, Benzyl Alcohol.

Disodium Lauryl Sulfosuccinate

DSLS ist ein mildes Tensid, das früher nur als Sidekick betrachtet wurde, um flüssige Shampoos milder zu machen. Mittlerweile ist es immer häufiger alternativ zu den Sulfaten in Reinigungsprodukten zu finden und das aus gutem Grund: der Schaum ist sehr cremig und das Tenside deutlich milder als die klassischen Sulfate. Als primäres Tensid in festen Shampoos durchaus gerne von Marek gesehen.

ISANA
Cocos-Mango für normales Haar

Disodium Lauryl Sulfosuccinate, Sodium Coco-Sulfate, Triticum Vulgare (Wheat) Starch, Cetearyl Alcohol, Hydrogenated Palm Glycerides, Aqua, Lauryl PCA, Cocamidopropyl Betaine, Ricinus Communis Seed Oil, Glyceryl Stearate, Olea Europaea Fruit Oil, Parfum, Sodium Chloride, Titanium Dioxide (CI 77891).

Shenjas Favorit, Magis Empfehlung und Mareks erste Bar, die ihn überzeugt hat.

CD Naturkraft
für trockenes & glanzloses Haar

Disodium Lauryl Sulfosuccinate, Sodium Coco-Sulfate, Triticum Vulgare Starch, Cetearyl Alcohol, Hydrogenated Palm Glycerides, Aqua, Lauryl PCA, Sodium Cocoyl Isethionate, Cocamidopropyl Betaine, Glyceryl Stearate, Parfum, Ricinus Communis Seed Oil, Olea Europaea Fruit Oil, Glycerin, Rubus Idaeus Fruit Extract, Vaccinium Macrocarpon Fruit Extract, Prunus Amygdalus Dulcis Seed Extract, Zea Mays Starch, Xanthan Gum, Sodium Chloride, Citric Acid, Sodium Benzoate, Potassium Sorbate, Benzyl Alcohol, Benzyl Salicylate, Geraniol, Hexyl Cinnamal, Linalool, Titanium Dioxide (CI 77891).

NIVEA
pH Balance für normales Haar

Disodium Lauryl Sulfosuccinate, Sodium Coco-Sulfate, Zea Mays Starch, Aqua, Palmitic Acid, Stearic Acid, Cetearyl Alcohol, Citric Acid, Sodium Lauroyl Glutamate, Phosphoric Acid, Cocamidopropyl Betaine, Cocos Nucifera Fruit Extract, Prunus Amygdalus Dulcis Oil, Olea Europaea Fruit Oil, Sodium Citrate, Guar Hydroxypropyltrimonium Chloride (siehe unten), Glycerin, Hydrogenated Lecithin, Sodium Sulfate, Sodium Hydroxide, Sodium Chloride, Linalool, Benzyl Alcohol, Parfum.

Kationische Tenside

Man könnte vermuten, dass kationische Tenside wie Behentrimonium Chloride auch zur Reinigung enthalten sind. Vielmehr werden sie jedoch in (festen) Conditionern eingesetzt, wo sie als Pflegesubstanzen fungieren, weil sie auf dem Haar zurückbleiben. In festen Shampoos wird in aller Regel eher auf zugesetzte Buttern und Wachse als Pflegesubstanzen gesetzt. Das mindert die Reinigungskraft, reduziert aber auch die Austrocknung der Kopfhaut und Haare.

Alternativ bzw zusätzlich enthalten manche feste Shampoos kationische Polymeren wie z. B. Das Guar Hydroxypropyltrimonium Chloride (z.B. Nivea) oder ein Polyquaternium (z.B. Guhl), welche eine leichtere, aber haftende Pflege der Haare bewirken – gleiches Prinzip wie bei den 2in1-Shampoos.

Feste Conditioner Bars

Es war zu erwarten, dass man es nicht beim Erfolg von festen Shampoos belässt. Feste Spülungen sind eine logische Konsequenz, sind aber nur bedingt geeignet. Bei den Produkten auf dem Markt handelt es sich um feste Shampoos mit einem höheren Fettanteil. Einige Produkte enthalten kationische Tenside oder Polymere, die am Haar haften und die Reibung beim Kämmen reduzieren. Durch die enthaltenen Tenside jedoch wäscht man das Haar ein zweites mal.

Vielmehr sollte man Conditioner Bars als 2-in-1-Produkt verstehen, als das einige Hersteller ihre Bars auch bewerben. Es ist unwahrscheinlich, dass man hier einen sauren pH-Wert zur Neutralisierung nach der Haarwäsche berücksichtigt hat, wie es gute Spülungen tun – dazu mehr bei Skinci » Wir haben es allerdings nicht getestet.

Viel sinnvoller als feste Conditioner ist es einfach das Haar nach der Wäsche oder – Pro-Tipp – VOR der Haarwäsche einzuölen und einwirken zu lassen. Hier wird Kokosöl auch mal seinem Hype gerecht: 30-Minuten-Packung und anschließend mit Shampoo Bar der Wahl (oder flüssigem) abwaschen.

Shenjas Empfehlungen

Shop the Post

Empfehlungen in absteigender Reihenfolge alle getesteten in Reihenfolge in unsere AMAZON Storefront »

https://www.youtube.com/watch?v=7NwUnU5gxgo
3 Kommentare
Alle zeigen Sehr hilfreich Höchste Wertung Niedrigste Bewertung Kommentieren
  1. WOW so ein toller Artikel.. Dies kann vielen helfen eine zero-waste und for allem gesundere Alternative für Haarpflege zu finden!

  2. Hallo zusammen u danke für den Artikel.
    Wie verhält es sich mit hochwertigen Haarölen nach dem Waschen mit Haarseife, die wasserlösliche (leichte) Silikone enthalten? Sollte ja eigentlich kein Problem sein, da auswaschbar oder?

Kommentare

MAGIMANIA
Logo