Hallo,
heute habe ich einen etwas anderen Post für Euch, nämlich meine Eindrücke zum Sachbuch „Compacts and Cosmetics – Beauty from Victorian Times to the Present Day“ von Madeleine Marsh. Durch zwei „Interview-Videos“ von Lisa Eldridge mit der Autorin (sind unten verlinkt) bin ich auf das Buch aufmerksam geworden und habe es mir zu Weihnachten gewünscht. Ich schätze, viele von Euch dürften die Videos auch gesehen haben?
Aufmachung: Ich habe es nur in einer gebundenen Fassung gefunden, auch hier gilt: Der Kauf im Ausland ist meist günstiger als hier in Deutschland einen teuren Import zu bestellen. Es sind viele, viele Abbildungen enthalten, sowohl in Farbe und Schwarzweiß. Es gibt wirklich sehr viel zu bestaunen und an dem man sich erfreuen kann.
Stil: Die Texte sind natürlich auf Englisch geschrieben (eine Übersetzung scheint es nicht zu geben), aber es ist kein trockenes Sachbuch-Englisch und daher wirklich gut zu lesen aus meiner Sicht. Es gibt viele nette Anekdoten und oft habe ich innegehalten, weil ich meinem Freund spontan von den kleinen Begebenheiten erzählen musste: „Stell dir vor….“
Inhalt: Einleitend gibt es einen sehr kurzen, chronologischen Einblick in die Welt der Schönheit seit dem Alten Ägypten. Wie der Untertitel verrät, gehen die Erläuterungen erst ab dem viktorianischen Zeitalter richtig ins Detail. Hier und im Folgenden zeigt sich die Zentrierung auf die angloamerikanische Welt: Sei es nun in Bezug auf den kulturhistorischen Hintergrund oder später bei der Beschreibung der großen amerikanischen Marken: Wenn ihr speziell etwas über die deutsche Kosmetikwelt erfahren möchtet, ist dies naturgemäß nicht Euer Buch. Wenn es sich anbietet, werden z.B. Entwicklungen in Paris thematisiert, aber der Fokus liegt auf den USA/Großbritannien. Von Epoche zu Epoche werden die Entstehung und die Anwendung von Make-up in den soziokulturellen Hintergrund eingeordnet. So wird klar, …
- warum Haarpflege DAS kosmetische Thema der viktorianischen Frau war und erst während der Belle Époque die erste „richtige“ dekorative Kosmetik massenhaft auftauchte
- wie schon den 20ern die Beautyindustrie die Flapper-Girls umgarnte (und auch wie heute mit einem schlechten Gewissen unter Druck setzte, Stichwort Deos, Enthaarung …)
- was die Blüte Hollywoods für Entwicklungen in Gang gesetzt hat und welche heute noch aktiven Firmen dort bereits existierten
- wie das Thema Make-up insbesondere während des 2. Weltkriegs unter einem patriotischen Fokus gesehen wurde
- was der Babyboom und dessen Kinder kosmetisch bewirkt haben
- inwiefern sich der Wandel der Lebensstile seit den Fünfzigern bis heute in der dekorativen Kosmetik ausdrückt
sowie wirklich viele andere Informationen/Zusammenhänge mehr. Ich muss zugeben, von dem zeitgeschichtlichen Inhalt kannte ich bereits Vieles, aber die Verbindung zum Thema Kosmetik war mir dagegen in den meisten Fällen neu!
Für wen würde ich das Buch empfehlen:
- Personen, die z.B. einestages auf Spiegel Online oder Reihen wie „100 Jahre“ lieben – sich also für Zeitgeschichte interessieren und eine ganz grobe Vorstellung von dem „Schmink-Alltag“ der jeweiligen Zeit erhalten möchten
- Personen, die Fotos von schönen Verpackungen bestaunen möchten (das hat wirklich Spaß gemacht! Man wünscht sich nur, es wären ausschließlich Farbfotos enthalten)
- Personen, die sich für einen Rundumblick über die Entwicklung der internationalen Kosmetikindustrie und auch für die Geschichte der Frauen unter diesem Blickwinkel interessieren
Für wen würde ich das Buch nicht empfehlen:
- Personen, die einen Sammlerkatalog erwarten, also Listen von Hochglanzfotos/Nahaufnahmen von Sammlerstücken inkl. Angaben zum Preis etc. (dies scheint häufiger der Fall zu sein, wie man von enttäuschten Rezensenten bei amazon entnehmen kann)
- Personen, die genaue biografische Beschreibungen suchen (etwa zum Thema Arden vs. Rubinstein)
- Personen, die sich nicht zutrauen, ein englisches Buch zu lesen
- Personen, die bereits alles zum Thema wissen und/oder von Hause aus Historiker sind? ;o)
- Personen, die ein fachwissenschaftliches Buch suchen – hier gibt es keine belege, Quellenangaben etc. Es ist eher ein anekdotisches Buch, was keinen wissenschaftlichen Anspruch zu haben scheint.
Zunächst einmal möchte ich Euch aber die Videos ans Herz legen – wahrscheinlich reicht das den meisten schon, sie bieten eine schöne Zusammenfassung – vielleicht möchten manche von Euch dann doch noch mehr wissen?
Zweiter Interviewteil (2. Weltkrieg bis zu den 1970ern)
Kennt Ihr noch andere Sachbücher zum Thema, die Ihr (nicht) empfehlen könnt?
Ich wünsche Euch ein schönes Wochenende, ich mache jetzt etwas Wellness…
Liebe Grüße
Eure zaz
Danke Zaz! Das Buch steht auch schon länger auf meiner Wunschliste. Trotz “von Hause aus Historiker” ist es immer schön, die eine oder andere Anekdote mehr kennen zu lernen. 😉
Oh, das Buch hatte ich noch nicht auf dem Plan. Für mich hört es sich sehr interessant an, ich sehe schon, dass ich es mir demnächst noch zulegen muss. Danke für den Tipp!!!
“Personen, die bereits alles zum Thema wissen und/oder von Hause aus Historiker sind? ;o)”- verdammt, ich bin doch der geborene Historiker… *hust* 😉
Ne also das Thema interessiert mich auf jeden Fall. Lediglich die Sprache schreckt mich etwas ab. Grund-Englisch (Hello my name is Hase!) krieg ich ja noch gebacken, alles dadrüber wird schwierig.
Schade, ansonsten klingt es unheimlich Lesenswert. Mich interessieren historische Entwicklungen und Zusammenhänge grade bei meinem lieblings Hobby nämlich sehr.
Hört sich sehr interessant an! Aber komischerweise hab ich sowiso Hemmungen viel Geld für Bücher auszugeben (und möchte trotzdem eine kleine Bib haben *hust*)
Ausleihen würde ich mir sowas schon gerne, aber bestellen? Nee da reizen mich gerade andere Sachen mehr
klingt spannend (:
leider kann man sich die bilder nicht so ansehen 😛
das buch war seit den videos auf meiner wunschliste, ich denke, das werde ich mir dann doch mal gönnen 🙂
Das klingt sehr interessant und mir gefallen Deine Punkte “für wen ist das Buch (nicht) empfehlenswert”
:nerd:
klingt sehr spannend!
LG <3
Selbst für mich mit historischem Hintergrund klingt das Buch spannend. Kosmetik ist im Geschichtsstudium irgendwo kein wirkliches Thema.
Die Geschichte von Make-up find ich sehr spannend. Auch in den Museen stehe ich immer vor Vitrinen mit den ganzen Fläschchen und Tiegelchen und anderem Schmickzubehör und amüsiere mich immer, wenn dann dabei steht, dass die Sachen dem Pharao oder König gehörten.
Vielen Dank für den Buchtip :-))
Hey, danke, das war sehr informativ! Ich habe jetzt wirklich großes Interesse das Buch zu lesen. Schade finde ich, dass jeglicher Beleg fehlt. Gut, geschichtliche Epochen sind klar aber Literaturangaben dienen ja nicht nur dazu zu “beweisen”, sondern auch um dem Leser Verweise auf andere Literatur zu geben. Sehr shade!
Das interessiert mich auch. Ich habe schon die posts zu einzelnen historischen Epochen in Sachen Make up von beautyjagd sehr gern gelesen. Leider kann ich nicht so gut Englisch, dass es für mich ein Genuss wäre, die Anekdoten würde ich bestimmt inhaltlich nicht richtig erfassen.:-( (Bei mir hat es gerade für mein englisches Fachwissen auf anderem Gebiet gereicht.) Muss wirklich mal nachsehen, ob es für die deutsche Kosmetikgeschichte etwas ähnlich gelagertes gibt, wenn nicht, muss ich es selbst schreiben,;-)… hab ja aufgrund meines Alters einen laaaangen Überblick und mich schon als Teenie für Kosmetik interessiert. :-P:-D:-D
Aber die Videos werd ich mir ansehen. Danke 🙂
eine sehr schöne Buchvorstellung! Ich werde das gute Stück definitiv mal bestellen. Solche Sachen interessieren mich schon seit ich im Kindergartenalter auf ein ähnliches Buch zur Pariser-Mode aleer Epochen gefunden hab (im Bücherschrank meiner Großeltern). Das hat mich total fasziniert! Jetzt kommen Kindheitserinnerungen wach :heart:
Auch ich hab die Videos gesehen, und auch auf meiner Wunschliste steht das Buch schon länger. Irgendwie aber scheint leider Keiner so recht Lust zu haben, es mir zu schenken. Wahrscheinlich deshalb, weil ein Schenker sich ja immer gern selber mit dem identifiziert, das er schenkt, und da in meiner Familie kaum jemand englisch kann, und niemand sich für Kosmetik interessiert, hat dieses Buch es sich wohl notgedrungen auf meiner Wunschliste gemütlich gemacht…
Wie schon ein paar Kommentatoren vor mir, bin ich übrigens ebenfalls nicht der Meinung, daß dieses Buch ungeeignet ist für Historiker, oder historisch versierte Laien. Ich habs zwar nicht gelesen, aber aber da auch ich Historikerin bin, kann ich quasi aus eigener Erfahrung zwei Dinge sagen: erstens denke ich mir, daß so ein Buch historisch Interessierte womöglich gerade besonders neugierig macht; mehr wahrscheinlich, als Leute, für die Geschichte schon immer zum Gähnen war. Und zweitens lernt und erfährt man in einem Geschichtsstudium zwar optimalerweise die ganze Weltgeschichte, aber fast nichts über die unmittelbaren, sich aus vielen, vielen, kleinen Dingen, wie u.a. eben Kosmetik, zusammensetzenden Lebensumstände und den Alltag der Menschen in früheren Zeiten. Da ist sowas gerade eine interessante, aufschlußreiche und erfrischende Aternative zu den diversen Schinken über Schlachtverläufe, Territorialstreitigkeiten und Machtkämpfe.
:laugh: Ich stimme Dir vollkommen zu. Ich fand es im Studium immer schade, dass wenig auf das Alltagsleben der Menschen eingegangen wurde. Päoste und önige schön und gut, aber was war mit dem Leben der Bauern und Händler oder wie sah das Leben einer Malerin aus?
Kennst Du Ruth Goodman? Eine britische Historikerin, die sich auf Alltag-Geschichte spezialisiert hat und zusammen mit ein paar anderen Historikern und Archäologen ein paar interessante Dokumentationen herausgebracht hat. Tudor Farm, Edwardian Farm, Victorian Farm, Victorian Pharmacy. Hin und wieder geht sie dann auch darauf ein, wie die Frauen damals ihre Kleidung selbst geschneidert haben, Bänder gefärbt oder auch Hautpflege und Kosmetik selbst hergestellt haben und macht manche Rezepte nach. Zumindestens die, die keine Giftstoffe enthalten. Sehr interessant.
Nein, die kenne ich leider nicht. Klingt aber sehr interessant, danke für den Hinweis! Werde morgen gleich mal googeln. Da ich beruflich dann die geschichtlichen Pfade wider Erwarten verlassen hab, bin ich wahrscheinlich weit weniger gut über sowas informiert, als jemand, der immer noch in der Materie unmittelbar drin ist, und sich fortwährend weitere Literatur erschließt.
Ich hatte mal ein sehr interessantes Seminar über Sklaven im antiken Rom; das war mit Abstand diejenige Veranstaltung in meinem ganzen Studium, die am nächsten an irgendeinem historischen Alltag dran war. Da haben wir kurioserweise auch relativ viel über Kosmetik im antiken Rom erfahren! Ich wär aber ganz allgemein auch schon erfreut gewesen, ein wenig über das unmittelbare, das alltägliche Leben der von Dir erwähnten Päpste und Könige zu erfahren. Aber selbst von denen erfährt man ja nur grundsätzliche Einstellungen, dynastische Details, und ihre bedeutendsten Taten; und das wars. Leider!
Habe das Buch grade gekauft, da ich mich auf Vintage-Make-up spezialisieren moechte und finde es super. Da Deutschland aber nur am Rande behandelt wird, habe ich mich auch gefragt, ob es mehr zur Kosmetikgeschichte in Deutschland gibt? Alles, was ich so im Netz finde, bezieht sich groesstenteils auf USA und UK und auch mehr auf Filmstars als auf das Alltagsmake-up der Durchschnittsfrau zur jeweiligen Zeit. Habe selbst auch bereits mit dem Gedanken gespielt, mich selbst an die Recherche fuer Deutschland zu begeben.
Uebrigens ist im Buch hinten eine Literaturliste angegeben, wo man weiterlesen kann.
Das Thema die Geschichte von Makeup in Deutschland finde ich auch spannend. Oder auch kontinentales Europa an sich. Frankreich und Italien dürfte geschichtlich gesehen ja auch viel beeinflusst haben, sei es jetzt das Italien der Renaissance oder der französische Hof zu Zeiten Ludwig XIV.
Das hört sich toll an! Ich bin seit ner Weile eh am Überlegen, mir das ein oder andere wie auch immer geartete Kosmetikbuch anzuschaffen, ich habe noch GAR NICHTS in der Richtung und soo viel, was spannend klingt… 🙂
Danke, Zaz. 🙂 Hatte das Buch kürzlich schon mal ins Auge gefasst. Jetzt kann ich mir schon mal ein gutes Bild von machen.
Besten Gruß
Erbse